Unterstellen wir einmal folgende typische Situation:
Verkaufsleitung oder Geschäftsführung haben das Ziel, die Kompetenzen der Vertriebsmannschaft aufzufrischen. Ein internes Brainstorming führt zu dem Schluss, dass die Telefonakquise verbesserungswürdig ist.
Zwei Trainern – nennen wir sie Trainer A und Trainer B – wird die Möglichkeit gegeben, die Vertriebsmannschaft zu beobachten und Eindrücke zu sammeln. Im Anschluss präsentieren beide ihren Ansatz der Geschäftsführung, der Verkaufsleitung und dem Personalmanagement:
Trainer A:
Er sieht in seinem gepflegten dunkelblauen Anzug eher wie ein Berater aus, verzichtet auf längere Diskussionen und kommt schnell auf den Punkt. Dabei wandert sein Blick immer wieder in Richtung Geschäftsführung. Er macht den Damen und Herren sehr schnell klar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wenig telefonieren (weil mit anderen Aufgaben belastet). Und wenn sie mal zum Hörer greifen, werden sie recht häufig abgelenkt (Kollegen, Vorgesetzte, Geräuschkulisse Großraumbüro, störanfällige EDV und unbequemer Bürostuhl).
Offenbar fehlt es an einer klaren Aufgabenbeschreibung und an der Abstimmung mit anderen Abteilungen. Irgendwie kämpft jeder für sich. Einige Damen und Herren aus dem Mitarbeiterteam beanstanden eine ungenaue oder gar fehlende qualifizierte Einarbeitung. Außerdem, so Trainer A, mangelt es an Selbstvertrauen und Eigenverantwortung. Kein Wunder: Marktanteile gehen zurück, Kunden wandern ab, es hagelt Umstrukturierungen und die Chefs sind anstrengend; aus Angst um den Job wird ausdrücklich nur noch das getan, was auch erlaubt ist.
Das alles ist nur bedingt kundenorientiert! Denn in der Hektik des Arbeitstages wird der Verweis auf andere Unternehmensprodukte übersehen. Das liegt, so Trainer A, nicht zuletzt auch an fehlenden Schulungen zum Produktwissen. So erlebe das Mitarbeiterteam alles in allem den Arbeitsplatz als demotivierend und unattraktiv: Schreibtische und Telefone haben schon bessere Zeit gesehen. Die Führungskräfte sind verunsichert, suchen deshalb auch nur selten die Veränderung, geben kaum Impulse. Dabei wandert der Blick von Trainer A nachdrücklich zum Management. Die Aufgabe selbst ist alles andere als eine Perle der Arbeitswelt und so fällt es offenbar auch schwer, motivierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Diesmal geht sein Blick in Richtung Personalmanagement.
Trainer A nimmt kein Blatt vor den Mund. Nach der Präsentation trennt man sich mit dem Hinweis, das Ganze erst einmal sacken zu lassen.
Nachdem Trainer A gegangen ist, schaut die Geschäftsführung in die Runde. Ihr Blick ist suchend und irritiert …
Trainer B:
Er ist leger und modern gekleidet, sein Auftreten ist selbstbewusst und bescheiden, er versteht sich auf eine zuvorkommende und sympathische Gesprächsführung. Mit Blick auf sein Unternehmen präsentiert er ansprechende Folien mit zahlreichen Bildern und Hinweisen auf den immensen Erfahrungshintergrund – im Laufe der Jahre gewachsen aus zahlreichen Trainingsmaßnahmen.
Sein methodisches Wissen ist auf dem neuesten Stand, seine unterschiedlichen Qualifikationen signalisieren nachdrücklich die eigene Lernbereitschaft. Zugleich macht er deutlich, dass er selbst aus dem Vertrieb kommt, den Verkauf von der Pike auf gelernt hat. Immer wieder legt er seine Grundüberzeugung dar:
„Durch individuelles und effizientes Training erhöhen wir die Verkaufsergebnisse unserer Kunden nachhaltig.“ Und zur Untermauerung dieses eigenen Anspruchs führt er wie folgt aus: „Sie, liebe Kundin, lieber Kunde, haben Anspruch auf ein Training, das individuell auf Ihre ganz speziellen Erfordernisse und Wünsche zugeschnitten ist. Denn jeder unserer Auftraggeber ist einmalig. Deswegen entwickeln wir alle unsere Maßnahmen stets passgenau, wobei Richtschnur unserer Überlegungen und unseres Handelns immer die spezifischen Erfolgsparameter unserer Geschäftspartner sind. Und dies gelingt uns, weil wir zunächst die jeweils besonderen Erfolgsvoraussetzungen eines Unternehmens in den Blick nehmen und zum Ausgangspunkt unserer Strategie machen.
Gerade eine gelungene Telefonakquise lebt von praktischen Übungen, um so das Gelernte unmittelbar und zielführend im Verkaufsgespräch umzusetzen. Um dabei auch wirklich alle Betroffenen unserer jeweiligen Maßnahmen mit ins Boot zu nehmen, sondieren wir die Wünsche und Erwartungen aller Teilnehmenden und integrieren sie in unser Training. Dies garantiert die methodische Ausrichtung auf die ganz individuellen Belange und Vorgaben Ihres Unternehmens – und ist damit ausschlaggebend für den Erfolg eines Trainings und das hohe Niveau einer Veranstaltung.
Zur lerntheoretischen Vor- und Nachbereitung erhält jeder Teilnehmende eine informative und umfangreiche Seminar-Mappe mit vielen wichtigen und wertvollen Hinweisen und Tipps – das sichert den Transfer und kann auch als Lernkontrolle herangezogen werden. Dabei arbeiten wir das Kundenlogo in die Unterlagen ein, um den individuellen Charakter zu unterstreichen. Natürlich kümmern wir uns auch um die nachträgliche Ergebnissicherung, beispielsweise durch Lernkontrollen und Workshops mit dem verantwortlichen Management. Hierbei kann ich die Einbindung aller Verantwortlichen nur dringend empfehlen. Im Übrigen kommt der Spaß am Lernen auch nicht zu kurz, was für den Erfolg einer jeden Maßnahme nicht unerheblich ist.“
Die Geschäftsleitung bedankt sich für die Ausführungen. Unter Hinweis auf den Auswahlprozess wird Trainer B mit der Bitte um Abgabe eines schriftlichen Angebots verabschiedet.
Sobald eine Entscheidung gefallen sei, werde man sich melden.
Haben Sie Ihre Wahl getroffen?
Beide Trainer sind in gewisser Weise Prototypen. Trainer A führt die ungeliebte und anstrengende Realität vor Augen, beurteilt die Ausgangslage, die er vorfindet, nüchtern und hält Management und Geschäftsführung den Spiegel vor: Seht her, eure Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind Teil eurer Organisation und eures Geschäftsmodells! Wenn ihr also etwas ändert wollt, dann fangt bei euch selbst an!
Sollten Sie für Trainer A sein, dann suchen Sie eigentlich kein Training, sondern einen Veränderungsprozess auf verschiedenen organisationalen Ebenen. Aber können Sie von sich behaupten, für die Ausführungen des Trainers B gänzlich unempfänglich zu sein? Mehrheitlich, so meine Vermutung, wird das schwer fallen. Sein Ansatz nennt sich Value-Selling. Die Story um das Produkt klingt irgendwie attraktiver, die vorhandenen Probleme scheinen lösbarer als im Falle von Trainer A.
Es fällt uns spürbar leichter, ihm zu folgen. Seine Sprache vermeidet Konfrontation. Der Begriff hierfür: „kognitive Leichtigkeit“ (vgl. hierzu Daniel Kahnemann, Schnelles Denken, Langsames Denken). Eine Vielzahl von Schlüsselbegriffen suggeriert den hohen Wert des Produktes, zugleich bleibt das Leistungsversprechen unspezifisch. Wir müssen uns deutlich weniger anstrengen – und schon mal gar nicht uns selbst hinterfragen.
Während also das Auftreten von Trainer A durch Ernsthaftigkeit, verbunden mit einem nicht unerheblichen Stressfaktor, gekennzeichnet ist, wählt Trainer B den einfacheren Weg: Er setzt auf die unmittelbare Wirkung in der Verkaufssituation.